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Preussisches Küstenwachtschiff von ca. 1790
Preussisches Küstenwachtschiff von ca. 1790
in Schiffsrekonstruktionen des 17. und 18. Jahrhunderts 07.09.2011 02:18von Kreuzberger • 137 Beiträge
Vielleicht ist es besser, hier einen neuen Thread zu eröffnen, anstatt die anderen mit meinem Thema durcheinanderzubringen. Ich mach´s einfach mal...
Die Patache also. Wo soll ich anfangen ? Am besten mit dem Plan, der alles ins Rollen brachte. Hier isser :-)
(Zum Glück konnte ich mir aus dem Nachlaß Heinrich Winters einmal das extrem seltene Buch Hans Szymanskis "Brandenburg-Preußen zur See 1605-1815" von 1939 sichern, durch das diese Zeichnung dann leicht zu identifizieren war :-))

RE: Preussisches Küstenwachtschiff von ca. 1790
in Schiffsrekonstruktionen des 17. und 18. Jahrhunderts 07.09.2011 18:34von schifferlbauer • 157 Beiträge
Hallo Eddie
Die Zeichnung dieser Patasche sieht recht gut aus. Du bezeichnest sie als Küstenwachschiff. Nach der Rumpfform ist sie einem Flußschiff sehr ähnlich. Wir hatten zur Sicherung der Donau gegen die Türken ebenfalls, allerdings nicht so stark bewaffnete Schiffe - die Tschaiken. Mich würden nun zwei Dinge interesssieren. Erstens in welchen Gewässern wurden diese Schiffe eingesetzt und zweitens wie erfolgreich waren diese Schiffe.
Interessieren würde mich auch, ob ein Spantriss von diesem Schiff vorhanden ist.
Ich schicke dir ein Paar Bilder einer Tschaike aus dem HGM ( Heeresgeschichtliches Museum in Wien )
Grüsse
Willi

RE: Preussisches Küstenwachtschiff von ca. 1790
in Schiffsrekonstruktionen des 17. und 18. Jahrhunderts 07.09.2011 23:46von Kreuzberger • 137 Beiträge
Hallo Willi!
Danke für die Bilder! Die werde ich natürlich für die Patache auswerten, denn dort sind noch viele Details unklar, weswegen ich für jeden Hinweis über solche Schiffe dankbar bin :-)
Hier nun der aktuelle Bauzustand. Ich werde mich demnächst weiter dem "Keller"-Ausbau widmen. Links sind die Wegerungsplanken bereits installiert. Ballaststeine werde ich nur wenige in Kielschweinnähe einbringen, denn diese Rumpfform ist von sich aus sehr schwimmstabil und wie man sieht, wurde mit jedem Zentimeter Tiefgang gegeizt.
Die schwarze Silhouette rechts soll mich darstellen, die Unterkante des Bargholzgürtels auf der Schulter. Hier verläuft die Wasserlinie. Die rechte Seite werde ich als Spantgerüst belassen; die Bodenspanten wurden bereits mit original Stockholmer Teer imprägniert :-) Links soll alles komplett ausgebaut und eingerichtet werden.
Es war vor Jahren einmal angedacht, dieses Schiff tatsächlich in Wolgast zu bauen, und es existieren sogar schon Prospekte. Anhand dieses Modells wollte ich dieses Projekt unterstützen und Interessierten die Konstruktionsmerkmale solcher Schiffe demonstrieren. Ich hatte auch vorgehabt, rechts schon mal eine Kabine einzubauen, natürlich streng nach Vorbildern von Offizierskabinen aus der Zeit um 1790, also ohne Geranien vor dem Fenster bzw. der Stückpforte. Das Schiff hätte ja auch vermarktet werden müssen und Kanonen spazierenzufahren, hätte kein Geld eingebracht. Zwei Buggeschütze hatte ich dennoch vorgesehen, denn das gehört einfach zu so einem Schiff...
Die Bilder müssen wohl vorerst noch auf 50% verkleinert werden, bis ich herausgefunden habe, wie ich die von vorneherein kleiner posten kann, sorry :-(
Später mehr :-)

RE: Preussisches Küstenwachtschiff von ca. 1790
in Schiffsrekonstruktionen des 17. und 18. Jahrhunderts 08.09.2011 00:22von Kreuzberger • 137 Beiträge
Hier bin ich nochmal.
Ich habe die Bilder jetzt beim Anklicken auf 30% verkleinert. Da sieht man den Pfusch nicht ganz so genau :-) Der soll später ja auch unter Planken u. ä. verschwinden. Trotzdem wäre es natürlich günstig, wenn ich endlich mal kapieren würde, wie man das professioneller macht...
"Plan de la Composition, d`unne Patáche de 20 Canons et 2 ... de ... pour la gard des Cotes et ... Ports de la pomernie" heißt es im schimmelzerfressenen Titel des Plans. Eine Konstruktionszeichnung einer Patache zum Schutz der Küsten und Häfen Pommerns also, wozu auch die Oder bis Stettin zählte. Ob dieser Entwurf allerdings jemals realisiert wurde, muß offen bleiben, solange keine weiteren Belege auftauchen. Ich konnte allerdings schon mal einen Vorgängerentwurf identifizieren. Ein fälschlich als "Preußisches Kriegsschiff von 1761" deklarierter französischer Artillerieprahm, der den preussischen Schiffbauern Quantin senior und junior als Vorlage diente.
Links die Abbildung des "Preussischen Kriegsschiffes von 1761" bei Szymanski 1939 (Dieser Plan gilt als Kriegsverlust). In der Mitte meine Umzeichnung und rechts zum Vergleich die Patache, die auf den vorigen Entwurf zurückgeht.

RE: Preussisches Küstenwachtschiff von ca. 1790
in Schiffsrekonstruktionen des 17. und 18. Jahrhunderts 08.09.2011 02:10von Kreuzberger • 137 Beiträge
Was bei beiden Plänen sofort ins Auge fällt, sind die auffälligen Drachenskulpturen an Bug und Heck. Das ältere Schiff ist dabei um einiges größer als die Patache, sein fetter Galionsdrache also rund sechs Meter lang und im Vergleich zur technisch peniblen Bauzeichnung mit unübersehbarer kindlicher Naivität gezeichnet. Die ist ebenso in der preußischen Beflaggung festzustellen, so daß ich mir wegen dieser Auffälligkeiten ziemlich sicher bin, daß die genannten Attribute spätere Hinzufügungen sind. Und ich möchte wetten, daß sie aus der Feder des bereits in Preußen geborenen Sohns des französischen Immigranten Jean Louis Quantin, Friedrich Wilhelm Quantin stammen. Szymanski war hier wohl etwas zu unkritisch, als er die kindliche Preussifizierung dieses m.E. originär französischen Flusskriegsschiffes vorbehaltslos akzeptierte :-)
Dieses "preussische Kriegsschiff" war mit 99%iger Sicherheit ein französisches Invasionsfahrzeug, das 1759 in englische Flüsse eindringen sollte. (Jean Louis Quantin war zu dieser Zeit auf der königlichen Marinewerft in Rochefort beschäftigt.) Das mannshohe Schanzkleidgerüst der Kuhl lässt jedenfalls keine andere Interpretation zu, zumal für Preussen in diesem Zeitraum gerade einmal die Indienststellung mickriger umgebauter Fischerboote (Espings) belegt ist. Die Engländer waren aber so schlau, die französischen Artillerieprähme zuvor schon in ihren französischen Liegeplätzen zu zerstören. Und der unglückliche Ausgang der Seeschlacht von Quiberon machte diesen Entwurf dann endgültig zur Makulatur, bis er dann von dem jungen Friedrich Wilhelm Quantin wiederentdeckt und bearbeitet wurde :-)

RE: Preussisches Küstenwachtschiff von ca. 1790
in Schiffsrekonstruktionen des 17. und 18. Jahrhunderts 08.09.2011 19:28von Kay (gelöscht)

Hallo Eddi,
ich gebe ganz offen zu, das ich von dem Schiffstyp absolut null Ahnung habe. Aber Deine Ausführungen sind äußerst spannend, bitte mehr davon!!!!!!!!!!!
Grüße Kay

RE: Preussisches Küstenwachtschiff von ca. 1790
in Schiffsrekonstruktionen des 17. und 18. Jahrhunderts 08.09.2011 22:06von Kreuzberger • 137 Beiträge
Hallo Kay!
Vom Typ "Patache" hatte ich auch keine Ahnung. "Googeln" gab´s noch nicht, so musste ich Bücher wälzen und fand dann heraus, daß es ein spanisch-französischer Begriff für ein Wacht- oder Geleitfahrzeug ist, unserem heutigen Küstenwachtboot vergleichbar. Rumpfform und Takelage sind dabei nicht fest definiert. Ich habe aber überwiegend lateinergetakelte Abbildungen gefunden.
Der Vorbesitzer des Plans meinte, daß es sich um eine dem preußischen König geschenkte russische Galeere handelt, na ja ...
Ich hoffe, diese riesigen Bildformate irgendwann einmal unter Kontrolle zu bekommen. Einstweilen verkleinere ich die eben auf 30%, das geht auch :-)
Viele Grüße
Eddie

RE: Preussisches Küstenwachtschiff von ca. 1790
in Schiffsrekonstruktionen des 17. und 18. Jahrhunderts 10.09.2011 02:23von Kreuzberger • 137 Beiträge
Hallo Kay!
Schön, daß du dich für die Kiste interessierst :-) Über den Schiffbauer Quantin wäre noch zu sagen, daß er seine Ausbildung auf der französischen Marinewerft in Rochefort machte und nach dem Supergau der verlorenen Seeschlacht von Quiberon 1759, bei der Frankreich seinen Seemachtsstatus und viele seiner überseeischen Kolonien einbüßte, wahrscheinlich wegen Arbeitslosigkeit nach Preußen auswanderte, wo er für Friedrich den Großen dann in Stettin die Schiffe der "Preußischen Seehandlung" baute.
Ein einziges Werftmodell dieser Zeit ist erhalten, das heute im Technikmuseum in Berlin steht und Jean Louis Quantin zugeschrieben wird. Vor dem Krieg waren noch mindestens drei Bauzeichnungen der Quantins (Vater und Sohn) bekannt, die heute aber als verschollen oder zerstört gelten. Dieser Patache-Entwurf ist somit das einzig erhaltene Dokument, daß man den Quantins mit Sicherheit zuschreiben kann.
Der pensionierte Schiffbauingenieur Herr Laurischkat hat in Wolgast die Pläne für die Patache erarbeitet, falls modellbauerisches Interesse besteht.
Grüße Eddie :-)

RE: Preussisches Küstenwachtschiff von ca. 1790
in Schiffsrekonstruktionen des 17. und 18. Jahrhunderts 11.09.2011 20:28von Kay (gelöscht)

Hallo Eddi,
ich habe mir schon die Wolgaster Homepage durchgelesen, sehr interessant. Modellbauerisch für mich zum jetzigen Zeitpunkt eigentlich nicht umsetzbar, da ich mich gerade in die englische Schiffbaukunst des 17. Jahrhunderts einarbeite und mit meiner Royal William und dem Projekt Victory mit meiner Tochter alle Hände voll zu tun habe.Nebenbei noch alle Unterlagen über die Sovereign of the Seas sammeln, da könnte der Tag 30 Stunden haben. Aber so in 15 bis 20 Jahren, vielleicht. Sag niemals nie! Aber das Modell im Technikmuseum ist mir noch nicht aufgefallen. Zuerst stürze ich immer über den Kaffekahn und dann über die San Felipe in 1:60. Ich habe sie ja auch gebaut
, aber seit dem ich die im DTM gesehen habe, bin ich mir sicher, dass ich Schiffsmodelle bauen kann. So ein Fantasieschiffchen hat ja im Museum auch nichts verloren. Zum Schluss staune ich immer über die nicht fertige Mondfeld Vasa. Im November gehe ich mal ausgeschlafen ins Museum(was für mich als Landei in Berlin schwer ist).
Der Name Quantin hat mir bis zu deinem Bericht auch nichts gesagt, gut so, man lernt immer dazu.Bitte weitermachen!
Grüße Kay

RE: Preussisches Küstenwachtschiff von ca. 1790
in Schiffsrekonstruktionen des 17. und 18. Jahrhunderts 11.09.2011 21:53von Kreuzberger • 137 Beiträge
Hallo Kay,
Royal William, Victory und die Sovereign!? Ich schätze, damit wirst du wohl dieses Jahr nicht mehr fertigwerden :-)
Ein Modell der Sovereign of the Seas ist gerade für das Technikmuseum in Arbeit, mit besonderem Augenmerk auf diese seltsame Mischkonstruktion aus Rund- und Spiegelheck. Man darf gespannt sein!
Die Vasa ist noch nicht fertig? Sollen noch Segel angebracht werden? Ich hatte mich manchmal mit Mondfeld unterhalten, als das Modell noch in einer Ecke des Foyers stand und er alle paar Monate mal an ihr arbeitete. Momentan baut er immer noch an der Karracke Jesus von Lübeck.
Ja, die San Felipe ist ne Schande für diese Ausstellung. Ein reines Phantasieprodukt und dann noch wenig professionell gebaut. Aber für solche Merkwürdigkeiten ist Geld vorhanden, während an vernünftiger Wissensvermittlung leider gespart wird.
Übrigens kennt den Quantin heute keiner mehr, nicht einmal die Nachfolger der heute noch als Stiftung existierenden "Preussischen Seehandlung", deren wichtigster Mann er einmal war.
Kennst du Hendrik Busmans Buch "Sovereign of the Seas"? Er beschäftigt sich darin ausführlich mit dem Figurenschmuck des Schiffs.
Grüße Eddie

RE: Preussisches Küstenwachtschiff von ca. 1790
in Schiffsrekonstruktionen des 17. und 18. Jahrhunderts 12.09.2011 22:17von Kay (gelöscht)

Hallo Eddi,
ja das Buch von Busmann kenne ich, ist zwar noch nicht in meinem Besitz, aber bald kommen ja die Festtage. Schau mal bei der Vasa aufs Hauptdeck. Die Taue fliegen da nur so durch die Gegend, und da waren noch andere Kleinigkeiten. Ich meine es soll ein Museumsmodell sein, das sollte man dann auch sehen.
Das mit der Sovereign ist ja eine tolle Sache, hast Du da irgendwelche Beziehungen zu dem Museum?? Ich bin ja im November da, vielleicht könnte man da ja einen Blick darauf werfen.
Das Modell wird bestimmt nach dem Riss von Werner Bruns gebaut. Mit Werner stehe ich in Kontakt, er hat mir auch seine Risse zur Verfügung gestellt, und ich werde einen Bericht dazu verfassen.
Aber erst wenn das Wetter wieder schlechter wird, und der Garten Winterschlaf hält.
Grüße Kay

RE: Preussisches Küstenwachtschiff von ca. 1790
in Schiffsrekonstruktionen des 17. und 18. Jahrhunderts 13.09.2011 00:14von Kreuzberger • 137 Beiträge
Hallo Kay,
Busmans Artikel im logbuch sieht schon mal sehr wissenschaftlich aus. Und wenn er sich auf Pett bezieht, wird das ja auch alles seriös recherchiert sein.
Ein ehemalige Modellbauer des Technikmuseums, der das Modell bauen sollte, aber vor einigen Jahren verstarb, wurde bis jetzt noch nicht wieder ersetzt. Deshalb wurde die Sovereign an einen externen Modellbauer vergeben, der aber leider kein ausgewiesener Schiffmodellbauer ist, was den Fortgang wohl etwas verzögert. Die Ornamentik wurde aber bereits von einem sehr versierten Schnitzer und Arbeitskreismitglied (AK Hist. Schiffb.) so gut wie fertiggestellt. Ich denke, ich kann da mal einen Besichtigungstermin im November vereinbaren.
Die Wasa beachte ich eigentlich gar nicht mehr so richtig, deswegen ist mir ihre Unfertigkeit wohl auch entgangen. Imposanter finde ich inzwischen eigentlich den Abguß des Löwenwappens, das gleich daneben präsentiert wird. Beim Anblick dieser Löwenfratzen wird mir so richtig barock ums Herz, während ich die Löwen des Modells mit ihren niedlichen Vampirzähnchen eigentlich nicht so richtig ernstnehmen kann :-)
Im Anhang ein angefangenes Plastikmodell der Souvereign. Das Wasser wird noch fein ausmodelliert, mit Ölfarbe graugrünlich gefasst und glänzend gefirnist. Ich werde mich in der Farbgebung an der Marinemalerei der Zeit orientieren und die Segel aus Zigarettenpapier (dreidimensional verformt) herstellen. Plastikmodelle eignen sich wie ich finde hervorragend für szenische Darstellungen :-)
Gruß Eddie


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